zwei hübsche Jungen im Fotostudio

Individuelle Erziehung für jedes Kind

zwei kleine Buben auf Sessel

Ich hoffe, mein Blogbeitrag von letzter Woche hat Euch gefallen. Das Feedback war unglaublich und ich hätte nicht gedacht, wie sehr dieses Thema bewegt. Viele Eltern haben sich beim mir für diesen Gedankenanstoß bedankt.  Darüber freue ich mich sehr.

Heute möchte ich daran anschließen und Euch erzählen, warum die gleiche Erziehungsmethode bei dem einen Kind super funktioniert und bei dem Anderen total versagt.

Ich bin Mama von zwei Teenagern, meine Tochter ist 17 Jahre und mein Sohn 14.

Als meine Tochter klein war, wollte sie auf Alles eine Erklärung haben. Sie hat mich also gefragt, wenn sie mit einer Aufforderung nicht einverstanden war, warum sie das tun soll. Beispielsweise, warum sie heute eine Haube aufsetzen muss, obwohl draußen die Sonne scheint. Habe ich ihr dann erklärt, dass heute starker Wind geht und sie sonst Ohrenschmerzen bekommt, dann war für sie alles in Ordnung. Sie hat es verstanden und akzeptiert. Meine Süße war wirklich sehr leichtführig und hatte  sogar in der Trotzphase nur einen einzigen Trotzanfall. Wenn ich ihr erklärt habe, warum sie das machen soll, dann hat sie das akzeptiert.

Und dann kam drei Jahre später mein Sohn auf die Welt und ich war mir sicher, ich bin Supermama, denn während sich in meinem Bekanntenkreis viele Kinder tobend am Boden gewutzelt haben, war meine Kleine einsichtig und folgsam. Leider war es recht schnell zu Ende mit meinem Supermama-Dasein, sobald mein Sohn sich artikulieren konnte. Denn mein Kleiner wollte keine Erklärung von mir. Eine Erklärung war für ihn nur der Startschuß für elendslange Diskussionen und seine Lieblingsfloskel dabei war „ja, aber…“ und dann ging es weiter und egal, was auch immer für Erklärungen ich auf Lager hatte, sein „ja, aber…“ ging immer weiter und immer weiter. Ich war wirklich am Ende mit meinem Latein. Und das, was bei Kind 1 super funktioniert hat, versagte bei Kind 2 total.

Und dann tat ich etwas, was ich niemals machen wollte. In meiner Vorstellung von einer Erziehung auf Augenhöhe war das das Schlimmste überhaupt.

Ich sagte zu ihm: „Warum? Weil ich das sage!“

Und??

Es funktionierte.

Warum hat das funktioniert, weil das keinen Verhandlungsspielraum für ihn offenließ. Das was mein Sohn viel stärker brauchte, als meine Tochter war eine klare Linie. Keine Erklärung. In meiner romantischen Vorstellung war für mich klar, jedes Kind macht das, was es soll, wenn es das Warum versteht. Nein! Eben nicht! Nicht jedes Kind. Und heute nach vielen Jahren in der Familienfotografie ist es ganz, ganz klar für mich. Jedes Kind – selbst oder vor allem Geschwisterkinder – sind eigenständige Persönlichkeiten und jedes Kind braucht einen ganz individuellen Erziehungsstil, damit es funktioniert.

Ich sehe das jeden Tag. Es gibt Kleinkinder, die stürmen schon den Gang entlang und können es kaum erwarten, dass das Shooting beginnt. Sie wollen Kommunikation und sind ganz neugierig, was sie gleich erleben werden. Und dann gibt es Kinder, die es die erste halbe Stunde kaum schaffen von Mama´s Arm herunter zu kommen. Die ganz verschreckt reagieren, wenn ich mit ihnen rede und die sich ganz vorsichtig an die neue Situation herantasten. Es gibt Kinder, die alles alleine machen wollen und Kinder, die nach kurzer Zeit so ins Spiel vertieft sind, dass sie kaum etwas wahrnehmen. Auf jedes Kind gehe ich völlig neu und unvoreingenommen zu. Und lasse mich bei jedem Shooting aufs Neue auf diese kleine Persönlichkeit ein. Denn bei jedem Kind funktioniert etwas Anderes. Nach vielen Jahren in der Familienfotografie weiß ich recht schnell, wie ich auf jeden einzelnen Typ eingehe. Sodass jeder Spaß beim Shooting hat.

Heute reden und lachen wir oft zu Hause darüber, wie unterschiedlich unsere beiden Kinder sind. Meine Tochter analysiert sehr gerne die Unterschiede und wir staunen, wie verschieden die Beiden doch sind. Und ich bin so glücklich darüber, dass ich so unterschiedliche Charaktere begleiten darf. Dass ich meine Strategie so oft überdenken musste und neue Erziehungsarten ausprobieren musste und so ganz viel lernen durfte. Nach vielen Jahren als Mama habe ich für mich eine ganz wichtige Sache gelernt. Auf mein Bauchgefühl zu hören! Ich bin nämlich in Wahrheit die Königin der Ratgeber-Bücher. Ich verschlinge so ziemlich jeden Ratgeber, der mir helfen könnte ein aktuelles Problem oder einfach nur eine neue Situation zu bewältigen.

Und wenn ich nun eines weiß, dann das es unmöglich ist – nicht einmal mit allen Ratgebern, die weltweit am Markt sind, alle Charaktere abzudecken. Es gibt zB das Buch, das empfiehlt, das Baby so lange schreien zu lassen, bis es schafft, alleine einzuschlafen. Wahrscheinlich funktioniert es für das eine oder andere Kind, aber ganz bestimmt nicht für jedes Baby. Welches Trauma hier ausgelöst wird, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Leider – und wie gesagt, ich bin die Königin der Ratgeber – lässt man sich nur allzu leicht von diesen Erziehungsratgebern verunsichern. Ich weiß wirklich, wovon ich spreche. Was nicht heißt, dass es nicht unzählige tolle Bücher gibt, wie zB „Oje, ich wachse“. Ein Buch, das die Entwicklungsschritte der Babys im ersten Jahr zeigt und wahrscheinlich Millionen Eltern schon beruhigt hat, die verzweifelt sind an dem einen oder anderen Entwicklungsschub.

Bei meinen Newborn-Shootings lege ich den Eltern immer ganz stark ans Herz, auf ihr Bauchgefühl zu hören: Jede Mutter weiß, was ihr Kind braucht. In jedem Moment.

Das ist es! Da gibt es nichts mehr zu ergänzen!

Mit jedem Ratgeber, den man liest, verblasst diese innere Stimme und zurück bleibt ganz viel Verwirrung.

Ich wünsche mir, dass alle Eltern den Mut haben, auf ihre innere Stimme zu hören. Und statt an sich zu zweifeln, stolz auf sich zu sein. Was sie hier tagtäglich leisten. Wie viel Liebe und Aufopferung sie ihren Kindern entgegenbringen. Auch mal milde zu sich selbst sein an einem schlechten Tag. Wir sind alle nur Menschen. Perfektionismus hat in der Kindererziehung – meiner Meinung nach – nichts verloren. Sondern Liebe und in jedem Moment das zu geben, was möglich ist. Mal hat man mehr Geduld, mal weniger. Und ganz offen, mit den Kindern zu reden. Sich auch mal entschuldigen, wenn man einen schlechten Tag hat und ungerecht war oder seinen Unmut an dem Kind ausgelassen hat. Da bricht einem kein Zacken aus der Krone.

Heute weiß ich: Das ist Erziehung auf Augenhöhe.

Mutter mit Junge auf Rattansessel